Frank Thelen, Seriengründer und Investor, ist ja bestens bekannt aus der Höhle des Löwen und auch sonst kein sich für keinen unangenehmen Standpunkt zu schade. Bei der K5 konnte man sich bei seinem Impulsvortrag zu „Lilium und mehr Blicke über den Tellerrand“ mal selbst ein Bild machen.
Die Technologisierung des Alltags
Thelen zeigte mit wenigen Slides auf, was heute machbar ist und (eigentlich) schon Alltag wird: Immense Rechenleistungen (GPU / CPU) und Speichermengen stehen für wenig Geld zur Verfügung, superschnelle Netze (5G) mache Echtzeit um den Globus möglich und Sensoren oder 3D-Drucker sind für wenig Geld zu haben. Ebenso kann auch jeder jederzeit über das Internet notwendige Reichweite aufbauen. Das entschiedende sei aber deren steigende Ubiquität. Das heißt jeder ist prinzipiell in der Lage das nächste große Ding zu erschaffen.
Game Changing Technologies
Nach Thelen werden 5 Technologien die kommenden Jahre und damit auch elementar den Online Handel bestimmen:
- Big Data
- AI
- Blockchain
- Zero Knowledge
- Quantum Computing
Jeder dieser Technologien hätte schon allein das Potenzial ganze Branchen zu disruptieren – wenn sie kombiniert werden, wird sich schnell vieles ändern.
Wie sollten Unternehmen damit umgehen?
Veteranen, die ihre Erfolge in der Vergangenheit feierten, sind nach Thelen die falsche Besetzung für die Fragen der Zukunft. Eher sollen Innovationstreiber einen übergreifenden – ich nenne ihn einen „Musk’schen“ – Ansatz verfolgen. Wie würde sich heute jemand dem Thema Online-Shop stellen, fragt er die Zuschauer. Nach seinem Verständnis agiert der, der die Lösung bringt, als Kommunikator auftreten, der neue Technologien sinnvoll miteinander verknüpft und wie Bausteine zu einer passgenauen Problemlösung zusammensetzt.
Davon kann man ableiten: Die Anforderungen an Mitarbeiter verändern sich drastisch: Es wird für Innovationen nicht mehr der Experte mit tiefem Wissen gesucht, sondern Menschen mit einem sehr guten Überblick bei gleichzeitigem gutem Verständnis relevanter Technologien. Erfolgsfaktor ist weiter vernetzt zu denken. Da technologische Innovationen tag täglich bekannt werden müssen diese Leute auch auf dem Laufenden bleiben und ihre „Bausteine“ kennen.
In Deutschland sieht Thelen diese Herangehensweise nicht: „Wir brauchen hardcore Technologie“ – aus seiner Sicht fehlt das in Deutschland massiv. Können wir den Innovations tandort Deutschland für die Zukunft schon abschreiben? Nach ihm laufen wir Gefahr, in dieser Hinsicht Entwicklungsland zu werden.
Vertrauen in Technologie wir Asset
Interessant fand ich noch den Punkt, den man gegen Ende des Vortrags heraushören konnte. Wir lassen Technologie immer tiefer in unseren Alltag und Vertrauen den System (Siri, Google, Alexa und Co.) immer persönlicheres an. Das tun wir nur, wenn wir den Systemen vertrauen. Ich denke, man kann dieses Vertrauen durchaus als eine der wichtigsten Assets der Zukunft betrachten. Denn ohne dieses Vertrauen findet keine Nutzung statt und nur bei ausreichender Nutzung geben die Anwender ihre Daten preis – und damit eröffnet sich erst der Zugriff auf die wichtigste Währung überhaupt: Daten.
Ein markiger Spruch nach dem Anderen
Mit dem Spruch „Corporate ist Seuche“ setzte Thelen meinen persönlichen Höhepunkt seinen Vortrags fest. Ich vermute nicht das die Formulierung von vorn herein so drastisch geplant war, doch trifft Sie den Kern des Problems großer Unternehmen: Groß und Schwerfällig, vollgepackt mit altem Denken und Macht („Lagacy“) sind sie in denkbar schlechter Verfassung für aktuelle Innovationsthemen, die insbesondere Flexibilität und Schnelligkeit verlangen.
#corporate ist #seuche. #truewords Frank Thelen
— stefan_k2ff (@stefan_k2ff) 22. Juni 2017
Doch noch Perspektiven für den Handel?
Ganz klar wird der Warenverkauf eine immer kleinere Rolle spielen Thelen sieht die Aufgabe des Handels darin, die dazu passenden Erlebnisse zu liefern, nur so kann er seine Daseinsberechtigung behalten. Und vor allem Amazon arbeite daran, Innovationen auf den Markt zu bringen. Und dies fußen wieder vorrangig auf den genannten Technologie. Jetzt heißt es – vor allem in Deutschland – loszulegen. Erfinden wir das Rad neu.