Dieser Vortrag dürfte allen Zuschauern am besten in Erinnerung bleiben: Mit welcher vortraglichen Perfektion und ausgewogenem Humor-Fakten-Verhältnis Max Wittrock seine 10 Learnings aus 10 Jahren mymuesli präsentierte war das Highlight der K5 Berlin 2017. Ich fasse die 10 Punkte kurz zusammen und erkläre, warum der Vortrag eigentlich so gut ankam.
10 lessions out of 10 years mymuesli
Max Wittrock, der mymuesli seit der Mitgründung (noch) nicht von der Seite gewichen ist, gibt uns seine ganz persönlichen Erkentnisse aus diesen Jahren mit.
#1 – Alles beginnt mit einer Geschichte
Die erste Lektion ist weniger eine anwendbare Erkenntnis, als vielmehr auch der Brückenschlag zum Vortrag. Jede (Geschäfts-)Idee ist auch eine Geschichte, die man möglichst erzählen sollte. Oft beginnt sie recht unspektakulär, aber gerade das legt den Kern der guten Geschichte: Authentizität. Seitenhieb auf die Lean-Startup-Ansätze dieser Welt: Trotz initiale Umfrage (Wer sich vorstellen könne, Müsli online zu kaufen) mit niederschmetternden Ergebnis (0% !) die Idee trotzdem angepackt.
#2 – Great Stories happen to them who can tell sell them
Hier steht Max Wittrock als lebendiges Beispiel auf der Bühne – bereits jetzt hat er jeden Zuschauer in seinen Bann gezogen. Die Quint-Essenz: Wenn du eine Geschichte hast, erzähle sie gut. Das funktioniert immer, denn jedes Menschliche Wesen sehnt sich im Kern nach einer guten Geschichte. Und angelehnt an das Zitat von Ira Glass – lässt sich damit sehr gut verkaufen.
#3 – Stories add value
Wer die Kernfragen seines Geschäfts und damit seiner Idee kennt, kann damit nicht nur verkaufen sondern tatsächlich auf Wert schaffen. Der liegt dann zum einen ganz klar beim Unternehmen, dass sich über Merheinnahmen freut. Zum anderen aber auch beim Kunden, der selbst wieder einge Geschichte zu erzählen hat und sie sogar weiter entwickelt.
#4 – Höre immer auf den Kunden
Es sei schon sinnvoll, ständig und auf allen Kanälen dem Kunden zuzuhören. Daraus jedoch sofort eine Handlung abzuleiten sei nicht sinnvoll denn …
#5 – Höre niemals auf den Kunden
… man sollte wichtige unternehmerische Entscheidungen auch mal aus dem Bauch heraus treffen. Es folgt daraus für ihn:
Don’t do just data!
Wer sein eigene Unternehmen gegründet hat und es heranwachsen sieht wie sein eigenes Kind, wird sich wohl hinter diesen Punkt stellen können. Auch wenn rational nicht belegt, so ist es emotional völlig nachvollziehbar.
#6 – Es is meistens nicht leicht und #7 was schief gehen kann, geht schief
Gründen heißt Schmerzen ertragen. Man muss sich mit seinen eigenen und den Unzulänglichkeiten des Teams herumschlagen, Verständnislosen Kunden und unqualifizierten Kritikern. Mann fällt oft hin, aber sollte mindestens genau so oft wieder aufstehen.
#8 DO!
Vor allem an die gerichtet, die gerade eine Idee mit sich herum tragen. Die Botschaft von Max Wittrock: Macht einfach. Wer sich im Vorfeld durch Umfragen, Sparring o.ä. immer mehr absichern will, verbleibt im Stillstand. Die Ausspruch „Analyze Paralyze“ bringt das auf den Punkt.
#9 Don’t forget your why
Das sich der Mensch im Lauf der Zeit verändert ist klar. Das er es vielleicht noch stärker tut, wenn er ein Unternehmen gründet, liegt nahe. Wichtig sei sich regelmäßig zu fragen: Sind wir glücklich? Bin ich glücklich?
Zu harte Arbeit über längere Zeit wird bei diesem Fragen zu einem „Nein“ führen. Und das kann es nicht sein. Deshalb ist für Wittrock ganz klar: Work smarter. Man soll den Spaß dabei nicht zu kurz kommen lassen.
Aber – und vor allem um auch mit #6 & #7 klar zu kommen – braucht es noch Durchhaltevermögen. Mir hätte das Stichwort „Hingabe“ an der Stelle noch besser gefallen, denn dies ist auch der Kern seiner Story und seines Beispiels an dieser Stelle:
#10 Never Stop exploring
Die abschließende Erfahrung ist die: Ganz egal ob man gründet oder nicht, egal was man ins Zentrum seines Lebens stellt, da draußen gibt es sehr sehr viel zu entdecken. Und jeder kann aus dieser Vielfalt schöpfen und sich und sein Leben nahezu unbegrenzt bereichern.
Warum war dieser Vortrag perfekt?
Wenn wir nochmal die 10 Überschriften überfliegen, dann wird auffalen, dass wir das so oder so bestimmt schonmal irgendwo gehört haben. Als emotionales Bild im Facebook Feed, auf einem Motivationskalender, auf einem Vortrag zum THema Storytelling. Was hat also – abseits vom Inhalt – diesen knapp halbstündigen Vortrag so gut gemacht? Ich habe einmal 5 Faktoren abgeleitet:
- Vortrag frei und eloquent gehalten
Keine Zettel zum Festhalten, kein Verstecken hinter dem Pult. Kein Stocken: Jeder Satz sitzt. - Klare, einfache Folien
Sie geben dem VoFtrag Strukur (Folie je Lession) und fokussieren auf wichtige einzelne Kernpunkte. Sie lenken niemals ab. - Bilder: Menschen, Menschen, Menschen
Egal ob Bilder des jungen Gründungsteams im ersten Lager oder Persönlichkeiten mit ihren Zitaten. Zeige Menschen, zeige Gesichter. - Durchdachte Dramaturgie
Es war fast auffällig: die ersten 25 Minuten waren ein leicht bekömmlicher Mix aus Daten, Witzen, Fakten, Anekdoten. Die letzten 5 Minuten wurden hoch emotional. Es kam nur noch genau ein Gag vor, alles andere war tief ernst – und persönlich. Es baute aber auch konsequent auf dem Teil davor auf. Dies zu beherrschen ist für mich die wahre Kunst und ich ziehe respektvoll meinen imaginären Hut vor Max Wittrocks Fähigkeiten. - Etwas von sich preisgeben
Man könnte auch meinen, das hätte nach Hinten losgehen können. In besagten letzten 5 Minuten kamen die mittlerweile toten Eltern ins Spiel. Man kann streiten, ob dass nicht zu dick aufgetragen war – doch kann man es auch so sehen: Wer so konsequent unsere Lachmuskeln und unsere Gefühlswelt für 30 Minuten – in denen wir alles um uns herum vergessen haben – beherrscht hat, muss uns dafür etwas aus seinem tieferen Inneren mitgeben. Jetzt hat keiner der Zuschauer das Gefühl, dass irgendwer irgendjemandem etwas schuldige geblieben wäre.
Das alles führte dazu, dass die Zuschauer vorerst statt waren. Wer nicht den Raum verließ schaute mit leicht abwesender Miene beim folgenden Vortrag auf sein Smartphone. Armer Dr. Johannes Steegemenann.
Zur Person (Quelle: K5 Website): 2007 gründete Max Wittrock mit Hubertus Bessau und Philipp Kraiss in Passau mymuesli. Mittlerweile ist das Team auf über 340 Mitarbeiter gewachsen, die Bio-Müsli von zwei Standorten aus in mehreren Ländern Europas vertreiben.